Erneute HSV-Niederlage 56 Minuten Hoffnung sind zu wenig
Der neue HSV-Trainer Titz macht vieles anders, Vorstand Wettstein spürt "Spirit", das Team spielt eine Halbzeit lang guten Fußball. Und am Ende? Steht ein ernüchterndes Ergebnis.
Der Hamburger Weg: Der Hamburger SV hat mit dem radikalen Schnitt in der sportlichen Führung alles auf die Karte Klassenerhalt gesetzt. Kann man machen, ist bei sieben Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz aber gefährlich. Für Vorstand Frank Wettstein trotzdem der richtige Weg: "Der Spirit ist überall zu spüren", sagte er vor dem Spiel beim TV-Sender Sky. "Hier im Stadion, auf der Geschäftsstelle und bei der Mannschaft." Fehlte beim Debüt von Trainer Christian Titz nur ein Sieg, um auch tabellarisch ein Zeichen zu setzen.
Vieles neu unter Titz: Der Fußball hat so seinen eigenen Jargon. Neue Trainer müssen zum Beispiel ihrem Team möglichst schnell ihre "Handschrift" vermitteln. Was Bernd Hollerbach in sieben Spielen nicht gelang, hat Titz in wenigen Tagen geschafft. Mit massiven Umstellungen in der Startelf, unter anderem brachte er mit Julian Pollersbeck einen neuen Torwart und setzte wieder auf Top-Talent Jann-Fiete Arp im Angriff, sorgte Titz für einen spielerischen Neuanfang. Besonders auffällig: Der hochstehende Pollersbeck war ein wichtiger Faktor im Spielaufbau der Hamburger.
Das Ergebnis: Alles war bereitet für einen Erfolg des HSV, immerhin kam Hertha BSC der Empfehlung von vier nicht gewonnenen Spielen ohne eigenen Torerfolg. Doch am Ende stand für die Hamburger eine 1:2-Heimniederlage.
Wonderwall light: Nach den Negativschlagzeilen der vergangenen Wochen mit geschmacklosen Spruchbändern im Stadion und Grabkreuzen am Trainingsgelände setzten auch mehrere Hundert HSV-Fans vor dem Titz-Debüt ein Zeichen. Die Anhänger bildeten ein Spalier, durch den der Mannschaftsbus auf dem Weg ins Volksparkstadion fuhr. Die Aktion erinnerte an die "green white wonderwall" des Erzrivalen Werder in der vorvergangenen Saison. In Bremen war es allerdings wirklich imposant - in Hamburg fehlte die Wucht.
Erste Hälfte: Dabei begann das Spiel, als könne der Dino dank der Umstellungen der vergangenen Wochen tatsächlich mal wieder eine verkorkste Saison zu seinen Gunsten drehen. Die Mannschaft kämpfte, spielte ansehnlichen Ballbesitz-Fußball, konnte sich defensiv auf einen starken Pollersbeck verlassen - und ging durch einen Konter in Führung: Kostic spielte auf der linken Seite Douglas Santos frei, der Brasilianer legte sich den Ball perfekt in den Lauf und ließ Torwart Rune Jarstein mit einem Flachschuss keine Chance (25. Minute).
Zweite Hälfte: Als hätte es die starken ersten 45 Minuten nicht gegeben, war beim HSV eine Veränderung zu spüren. Das Team stand kollektiv tiefer, suchte im Aufbau nicht mehr die spielerische Lösung und wurde von den Berlinern zudem konsequenter angelaufen. Ein Doppelschlag von Valentino Lazaro (56.) und dem eingewechselten Salomon Kalou (63.) drehte das Spiel. Titz brachte mit Bobby Wood, Bakery Jatta und Luca Waldschmidt drei neue Offensivspieler, doch Großchancen konnte sich das Team nicht mehr erarbeiten.
Restprogramm: War es das nun für den Hamburger SV? Konkurrent FSV Mainz 05 verlor bei Eintracht Frankfurt 0:3 und bleibt sieben Punkte entfernt. Nach der Länderspielpause geht es für den HSV in Stuttgart weiter, es folgen weitere Auswärtsspiele in Sinsheim, Wolfsburg und Frankfurt. Im Volksparkstadion geht es noch gegen Schalke, Freiburg und Mönchengladbach. Titz könnte mit seiner Spielidee der richtige Mann sein, das Zeitproblem wird aber auch er nicht lösen können.
Hamburger SV - Hertha BSC 1:2 (1:0)
1:0 Santos (25.)
1:1 Lazaro (56.)
1:2 Kalou (63.)
HSV: Pollersbeck - Sakai, Jung, van Drongelen, Santos - Steinmann - Ito (71. Jatta), Holtby (65. Wood), Hunt, Kostic - Arp (78. Waldschmidt).
Hertha: Jarstein - Weiser, Stark, Rekik, Plattenhardt - Maier (88. Skjelbred), Lustenberger - Lazaro, Darida, Mittelstädt (60. Kalou) - Ibisevic (71. Selke).
Schiedsrichter: Kampka
Gelbe Karten: van Drongelen - Lazaro, Plattenhardt, Kraft
Zuschauer: 52.195